Fränkische Nachrichten - 20.09.2005

Skurril und verblüffend

Lothar Lempp erfreute die Besucher im Convenartis-Keller

Wertheim. Alte Koffer, Trödel und ein Gewirr von Kabeln bildeten Hintergrund und Requisiten zugleich für Lothar Lempps Programm "Sachen suchen", mit dem er am Samstag im Gewölbekeller des Kunstvereins Convenartis in der Mühlenstraße gastierte. Der Künstler brachte mit seinen schrägen Gedankengängen und seinem Hang zu nie zuvor gesehenen Gestalten das Publikum ein ums andere Mal zum Lachen.

Vom Start weg, als der Komiker als Reifenraupe auf die Bühne robbte, geriet der Auftritt von Lothar Lempp, der vor 38 Jahren als Lothar Schmitz in Mönchengladbach das Licht der Welt erblickte, zu einem skurrilen, witzigen und oft verblüffenden Erlebnis für das Publikum. Bedauerlich, dass nur knapp 30 Zuschauer den vor Ideen geradezu sprühenden Künstler sehen wollten, der im Verlauf des Abends immer wieder auf die "Meta-Ebene" ganz profaner Dinge vorstieß.

Da wurde ein Wellholz mit Spülbürste zur buddhistischen Gebetsmühle, der Reißnagel mutierte zum Zentrum des Universums, und der Zollstock zeigte dem Zuschauer den Weg zur imaginären Milchstraße. Besonders gut beherrschte es Lempp, Geräusche nachzuahmen und mit einfachsten Mitteln wundersame, fremd anmutende Töne zu produzieren. Der "E-Schrubber" mit nur einer Saite schaffte elektronisch verstärkt so etwas wie Jimmy-Hendrix-Atmosphäre im Gewölbekeller. Im Koffer liegend gaukelte der Künstler seinen Zuhörern als Hörspiel eine Welt vor, in der Wasserschildkröten im Universum schwimmen, Meerjungfrauen ein Lied singen und Wale in den Tiefen des Ozeans miteinander kommunizieren.

Außergewöhnlich auch der Auftritt von Herrn Schubladenkopf, der sich bei Durchsicht eins Ikea-Prospektes unsterblich in eine Kommode verliebt und sich zur Erheiterung des Publikums besonders fein macht und dabei das Sammelsurium präsentiert, das er in seinen Schubladen aufbewahrt. "Ruck, zuck zu Ende - manche meditieren aber jahrelang darüber", so charakterisierte der Komödiant seine Gedichte, die er Haiku (oder vielleicht auch High-Q) nennt und nimmt damit und mit seinem Harakiri mit der Plastik-Wasserflasche die japanische Lebensart auf die Schippe.

Doch zu wahrer komödiantischer Höchstform lief Lempp nach der Pause auf. Zunächst sein Auftritt als weißes Monster mit Glühbirnenfassung als Schnauze, das offensichtlich nach Erleuchtung sucht. "Es ist nicht leicht, erleuchtet zu werden, aber noch viel schwerer erleuchtet zu bleiben", zog er als Schluss aus der letztlich erfolgreichen, aber auch wieder schnell endenden Suche seines Fabelwesens. Viele Lacher erntete er auch für seine Enthüllung, dass er der eigentliche Komponist und Texter des Musicals Cats ist. Doch ursprünglich habe er das Musikspektakel als Objektmusical gestaltet mit einem Union-Brikett in der Hauptrolle, beklagte er sich darüber, dass der Plagiator seine brillante Idee mit schnöden Katzen umgesetzt habe.

Höhe- und Schlusspunkt des Auftritts war die Kurzaufführung der bewusstseinserweiternden Objekt-Oper um den verstopften Abfluss des Königs, die er als neues Projekt verfolgt. Köstlich, wie er als König, stummer Hofnarr, Weiser und dessen Frau auftrat. Fast mühelos stellte er eine 36-köpfige Putzfrauen-Chearleader-Gruppe dar, brachte sowohl eine Abflusskantate als auch die Steigerung, nämlich eine Abflusspassion zu Gehör und schaffte es endlich, als lautstarke Rockband die Verstopfung zu beseitigen. Als Zugabe gab es das Telefontier mit einer dicken Nase, das in einer Wählscheibe endet und als Vervollständigung seines Gabelgeweihs den passenden Hörer sucht. Bei manchen Nummern fragte sich das Publikum sicher wie der Künstler selbst, als der zum krönenden Schluss auf seiner singenden Säge "Ich weiß nicht, was soll es bedeuten" intonierte.

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